Jeffrey´s Bay

Erste Woche in Jeffrey´s Bay
In Jeffrey´s Bay bin ich Samstag den 19.9.15 abends mit dem Baz Bus angekommen. Hier werde ich zwei Wochen bleiben. Nun mag sich manch einer fragen, was will sie denn so lange in Jeffrey´s Bay. Im Baz Bus hat man mich auch gefragt, ob ich denn hier surfen will. Hier ist das Surfer Paradies. Ich hab mir sagen lassen, im Juli findet hier der World Cup in Surfen statt. Dazu meinte ich erst, den World Cup in Surfen haben wir doch auf Sylt. Nein, hier ist der World Cup in Surfen ohne Segel, nur mit Brett, also Wellenreiten. Was ich hier mache, das ist, noch mal zwei Wochen Englisch lernen. Ich bin noch nicht mit meinem Englisch zufrieden. In Kapstadt zu verlängern, hielt ich für unklug. Dann guck ich mir doch lieber noch mal einen anderen Ort an. Die Idee mit Jeffrey´s Bay ist während des Ausfluges am 5.9.15 zum Cape Agulhas geboren, als ich vorne im Bus neben der Lehrerin Lee saß. Lee hat mir diese schöne Unterkunft und die Englisch-Sprachschule empfohlen und es für mich arrangiert. Die Unterkunft „Island Vibe“ liegt am Meer gleich hinter den Dünen. Und die Sprachschule ist um die Ecke, in 2 Gehminuten zu erreichen. Super! Das „Island Vibe“ ist eine interesante Mischung aus Backpacker-Hostel, Surfcamp und Accomodation u.a. für die Sprachschule, mit Restaurant und Bar. Ich bin hier im Haus „Flashpackers“ untergebracht, wo es sehr ruhig ist. Ich höre nur das Rauschen des Meeres und den Wind! Mein Zimmer liegt im ersten Stock, mein Balkon ist eher eine Dachterasse mit Blick aufs Meer! Im Haus ist unten eine Küche und ein Aufenthaltsraum. Die bisherigen Nächte war das Haus maximal halb ausgebucht. Im ersten Stock sind außer meinem Zimmer noch zwei weitere Zimmer, unten sind nur zwei Zimmer. Diese Nacht sind außer mir, nur in einem Zimmer unten drei junge Frauen aus Deutschland. Unheimlich ruhig. Ab und an trifft man hier auf den Security, der in der gesamten Anlage seine Rundgänge macht. Die Häuschen in der Anlage sind mit einer Mauer umgeben, darüber Stachel- und Elektrodraht. Durch die Tore kommt man nur mit Zahlencode. „Mein“ Haus liegt etwas abseits. Mauer, Stachel- und Elektrozaun sind da, aber der Verschließmechanismus des Tores ist kaputt. Das Tor ist ohne Code von innen und außen zu öffnen. Ich hoffe nur, das weiß außer denen, die hier wohnen, arbeiten und dem Security niemand sonst.

Im Ort habe ich heute (22.9.15) ein Internet-Cafe gefunden, in dem ich günstig über die Internetleitung telefonieren kann. Heute hat mein Bruder Martin seinen 45. Geburtstag. Habe lange mit Mama und Martin telefoniert. Ich wusste gar nicht, dass Mama wieder im Krankenhaus war, sie war erst seit einer Stunde wieder zu Hause als ich anrief. Sie hat gesagt sie ist an Papas Geburtstag, am 16.9., ins Krankenhaus gekommen und heute an Martins Geburtstag wieder rausgekommen.

Blick von meienm Balkon
traumhafter Blick von meinem Balkon

Heute ist Freitag, der 25.9.15 und es hat wieder ein Mitglied meiner Familie Geburtstag. Wenn ich auch nicht angerufen habe, habe ich an dich gedacht, liebe Hanna. Hanna ist meine Nichte und Patenkind und wird heute 12 Jahre alt.

In meiner neuen Englisch-Sprachschule sind nur insgesamt sechs SchülerInnen mit mir! Ich habe mich diesmal für Einzelunterricht entschieden. Das war eine gute Entscheidung! Meine Lehrerin heißt Elsie, ist schätzungsweise 60 Jahre alt und sehr erfahren. In der Natur des Einzelunterrichts liegt es, dass ich viel zu Wort komme. Sie notiert meine grundsätzlichen Fehler, das was ich immer wieder falsch formuliere. Anschließend macht sie dies zum Unterrichtsthema. Wir arbeiten nicht mit Buch, sondern genau an mir. Medien sind Whiteboard und Fotokopien zu „meinen“ Themen. Elsie hat einen hohen Anspruch. Sie zieht während des Unterrichts ihren Lippenstift ständig nach. Sie sagt, sie könne ohne Lippenstift nicht denken. Sie hat mir Filme in Englisch auf meinen USB-Stick kopiert, die ich mir angucken könnte/sollte. In dieser ersten Woche hatte ich vormittags von 9.00 – 13.00 Uhr Unterricht. Die folgende Woche habe ich meine Einzelstunden leider am Nachmittag von 13.30 – 17.30 (Di – Fr), da sie vormittags einen anderen Schüler hat.

In meiner freien Zeit, Sonntag und die Nachmittage, habe ich das Meer und den Strand genossen. Mit langen Strandspaziergängen, barfuß. Relaxen auf dem Balkon mit Blick auf den Ozean. Kleine Besorgungen im Ort.

Ausflug Mi und Do, 23./24.9.15, Safari
Der gestrige Donnerstag war ein Feiertag in Südafrika und deshalb fand kein Unterricht statt. Der Leiter der Schule, Dallas ist sein Name, hat für seine English-Students einen prima Ausflug organisiert. Fünf seiner sechs Students haben dieses tolle Angebot wahrgenommen. Am Mittwoch nach der Schule 13.30 Uhr gings los. Luba, 31, schuleigener Obmann für Ausflüge war Fahrer und Tourguide.
Es ging in die nächstgelegene größere Stadt Port Elizabeth. Am Spätnachmittag hat Luba mit uns eine Tour durch das Township von Port Elizabeth gemacht. Dies ist das drittgrößte Township in Südafrika. Die Townships liegen stets hinter der Stadt, hinter den Friedhöfen und hinter den Industriegebieten. Ich habe gedacht, dass die Schwarzen dort mehr oder weniger gezwungener Weise leben, weil sie arm sind und es sich nicht leisten können in der Stadt zu leben. Immer noch als Erbe ihrer Separation während der Apartheit, als man die Schwarzen und Farbigen in den 1960er Jahren aus den Städten herausquartiert hat. Auch dass es vielleicht schwer sei, aus den Townships raus zu kommen. Falsch gedacht. Sie fühlen sich wohl in ihrem Township. Sie lieben die spirit community. Auch Luba ist im Township aufgewachsen und er mag es dort. Natürlich gibt es innerhalb des Townships Unterschiede: Es gibt die massenhaften armseligen Wellblechhütten, shecks genannt, aber auch mittelmäßig gut aussehende Häuschen. Die ausstudierten schwarzen Ärzte gehen zurück in ihr Township. Häufig habe ich die Aufschrift „Dentist“ an Häusern gelesen. Es gibt dort Kirchen, wenn Luba darauf nicht gezeigt hätte, hätte ich diese Gebäude gar nicht als Kirche erkannt. Die Kirchen stehen unauffällig in Reih und Glied mit den anderen Häuschen, sind nicht höher und ohne Turm. Lediglich eine Aufschrift lässt erkennen, dass es sich um etwas Christliches handelt. Es gibt Schulen, die fallen auf. Kulturzentren und kleine Hallen für Konzerte. Was für mich befremdlich ist, die Leute kochen draußen mit offenen Feuer, vor ihrer Hütte oder sogar an Straßenkreuzungen, wo viele Menschen vorbeikommen. Der Grund ist weniger, dass ihre Hütte zu klein für eine Küche ist. Nein, sie mögen es, draußen und für viele zu kochen. Für meinen Geschmack ist das alles sehr beengt und arm. Aber Luba sagt ständig „Isn´t it nice …“ (= Ist es nicht schön?).
Unser Dinner nehmen wir in einem Lokal im township ein. Bis auf das Stück Fleisch hat es mir geschmeckt. Das Stück Beef, zu viel Knochen, Knorpel, Fett und hart. Nach dem Dinner sind wir zum Boardwalk von Port Elizabeth. Ich kannte dieses Wort bisher nur von dem Song von Elvis. Boardwalk ist sowas wie die Waterfront in Kapstadt. Karussels, kleiner See mit farbiger und angestrahlter Wasserfontäne im Dunkeln, Casino, Restaurants, … Wir haben uns das Casino angesehen: Nach dem Gebäude von außen zu beurteilen, hätte ich große Roulettetische u.ä. erwartet. Nein, hunderte von Flipperautomaten und alle besetzt! Wahnsinn. Abschließend hat Luba uns in ein Pub am Wasser geführt. Gute Lifemusik. Nett.
Übernachtung im Island Vibe Backpackers in Port Elizabeth. Nettes Hostel, Apartment für uns fünf Students.

Am Donnerstag den 24.9.15 ging es in den Kwantu game reserve. Dort haben wir eine dreistündige Safari im Jeep genossen. Es ging z.T. über unwegsames Gelände, eine richtig holprige Fahrt. Antiloppen, Sringbock, Zebras, Giraffen, eine Elefantin mit ihrem Kalb in großer Entfernung und zwei Nashörner ohne Nashorn ganz nah am Jeep. Unglaubliche Geschichte. Der Rancher hat erzählt, dass Wilderer mit einem Hubschrauber in dem Reservat gelandet sind und den beiden Nashörnern die Nashörner abgesägt haben um diese für viel Geld zu verkaufen. Nach der Safari wurden wir noch eine Stunde durch das „Raubtier-Rehabilitations-Zentrum“ geführt: drei Geschwister-Löwen, ein weißer Löwe, einige Tiger aus Asien, ein Elefant und Geparden werden hier versorgt. Die jungen Löwen wurden z.B. von ihrer Mutter verstoßen. Diese werden aber nicht in den Kwantu game reserve kommen, da dort mit sieben Löwen bereits genug seien. Die Löwen kommen in ein anderes game reserve. Die Tiger kommen zurück nach Asien. In der Einrichtung haben wir Mittagessen bekommen. Danach gab es die Möglichkeit, im Kwantu Elephant Sanctuary auf einem Elefanten zu reiten. Das war mir das Geld aber nicht wert. Abends gegen 20.00 Uhr waren wir zurück in Jeffrey´s Bay.

Zweite Woche in Jeffrey´s Bay
Heute ist Samstag, der 26.9.15. Vor genau sechs Wochen bin ich zu meiner Reise aufgebrochen. Mit dem heutigen Tag habe ich meinen alten Rekord, was die Länge meiner Reisen angeht, um zwei Tage gebrochen. Bisher war meine längste Reise, jene vor sieben Jahren, nach Guatemala und Belize. Heimweh habe ich nicht! Es kommt mir nicht so vor, als dass ich bereits sechs Wochen unterwegs bin.

Inzwischen ist jetzt, wo ich hier weiterschreibe, schon wieder eine Woche vergangen. Es ist heute Samstag, der 3.10.15 und ich habe Jeffrey´s Bay bereits gestern verlassen. Im Moment sitze ich im Village Addo. Genauer gesagt, in der Bar der Orange Elephant Backpacker Lodge. Die Lodge ist etwas abseits vom Village, und die Bar ist abseits der Lodge. In meinem Zimmer habe ich kein WiFi und sitze daher in der Bar. In der Bar, Riesenfernseher an der Wand mit einer Lautstärke, die ich normalerweise kaum ertragen könnte. Aber was tut man nicht alles für seinen Blog! Was läuft im Fernsehen? Rugby, Südafrika gegen Schottland! World Cup. In der Bar, zwanzig grölende Kerle und ein paar Frauen. Ich habe eben den Barmann gefragt, Südafrika ist in Führung. In einer halben Stunde wird das Barbecue serviert. Morgen gehe ich auf Safari in den Addo Elephant National Park. Ich hoffe, diesmal mehr Elefanten zu sehen als bei der letzten Safari. Passwort für das WiFi ist hier elephantbeer.

Aber jetzt immer der Reihe nach. Zurückhereinversetzen in die zweite Woche in Jeffrey´s Bay. Zusammengefasst habe ich Zeit mit Strandspaziergängen und mit dem Aussuchen und Hochladen weiterer Fotos für die Kapstadt-Kapitel verbracht. Ansonsten, allein bin ich hier ganz und gar nicht. Ich treffe soviele Leute. Das macht zum einen der Baz Bus. Mit dem Baz Bus reist zwar jeder individuell, aber einige Leute habe ich auf der Strecke von Kapstadt bis Jeffrey´s Bay zwei-, dreimal im Bus wiedergetroffen. Oder die drei jungen Frauen, mit denen ich in Knysna schon beim Frühstück in der Küche saß, und wir alle frierten, die traf ich eines Abends auch im Island Vibe in Jeffrey´s Bay wieder. Die drei, Laura, Julie und Teresa, sehr nett, hübsch und bewundernswert, erst knapp 20 Jahre alt, haben bei Plettenberg Bay einen Bungee Jump gemacht. Aus über 200 m Höhe. Teuer. Ich würd es im Leben nicht machen, selbst wenn es für umsonst wäre, auch dann nicht, wenn ich Geld dafür kriegen würde. Sofie und Lisa habe ich am ersten Abend in Jeffrey´s Bay kennengelernt, nach ein paar Tagen sind sie weitergereist. Plötzlich steht in der zweiten Woche Sofie wieder vor mir. Sie blieb wieder paar Tage und ist vor mir abgereist. Im Flashpackerhaus, das Haus in dem ich untergebracht bin, waren zwischendurch auch immer wieder nette Leute, die meisten zu zweit. Die meisten aus Deutschland und mit Mietauto unterwegs. Die meisten blieben nur zwei Tage. Austausch über Unterkünfte, Touren und Tipps. Johanna und Dominic aus Freiburg wollen auch meinen Blog lesen. Samstag (26.9.15) treffe ich beim Dinner im Island Vibe jemand, der mich kennt. Ich setze mich mit meinem Teller an den langen Tisch, neben mir ein Belgier und eine Französin. Dann kommt einer nach japaner Aussehender. Aus seiner Mimik und Gestik schließe ich, dass er mich kennt. Mein Gehirn auf Hochtouren, … woher sollte ich ihn kennen? … Baz Bus? … ein anderes Hostel? Dann verstehe ich Good Hope Studies. Das war die Language school in Kapstadt. Er enttäuscht, dass ich ihn nicht gleich wiedererkannt habe. Ich habe soviele Gesichter inzwischen gesehen! Meine Gehirnzellen nochmal am Arbeiten, … Pausenraum Good Hope Studies? …. Ausflug von Good Hope Studies?  … Nein, letzte Woche in meiner Klasse, er ist einer der Brasilianer! „Eduardo“ sage ich. Das hat mich gerettet. Er ist sichtlich beeindruckt. Nun peinlich für ihn, er muss mich nach meinen Namen fragen. Nun kommt für mich erst raus, dass der Belgier und die Französin auch English Students von Good Hope Studies sind. Über das lange Wochenende macht die Language school von Kapstadt einen viertägigen Ausflug bis Jeffrey´s Bay. Wir haben noch einen netten Abend. Drei andere Abende habe ich mit einem Berufsverwandten in der Küche des Island Vibes gesessen, da dort das WiFi am besten ist. Ein weißer Südafrikaner, er hat mir Bilder auf seinen Laptop gezeigt, die seine Arbeit zu Untersuchungen von Molkereiprodukten und Lebensmitteln und Verpackungen zeigen. Er unterrichtet in den Firmen, fast nur schwarze Mitarbeiter. Das sei sehr frustrierend, da der Stoff sie nicht interessiert. Auf meinem Tablet hatte ich Fotos von meinem Arbeitsbereich, der Instrumentellen Analytik. Er kannte Gaschromatographie, HPLC, Spektrometer und Atomabsorptionsspektrometer und fand, unsere Labore sehen ja alt aus. Das wunderte ihn für Germany. Zu guter Letzt ergab es sich, dass ich beim Dinner neben einem in Australien arbeitenden Deutschen saß. Er arbeitet in Australien in der Tourismusbranche, war für eine Konferenz eine Woche in Kapstadt und reiste in seiner zweiten Woche die Garden Route bis Port Elizabeth. Sein Tourismusbüro ist in Sydney zentral gelegen, bei der Central Station. Ich habe seine Visitenkarte. Also sollte ich in Sydney / Australien nicht weiter wissen, hätte ich einen Ansprechpartner.

Zu meiner zweiten Woche in der Schule. Am Montagnachmittag findet immer das Jeffrey´s Bay recycling project statt (JBRP). Das wollte ich diesen Montag gerne besuchen. Dallas, der Schulleiter, hat daher meine monday-afternoon-lessons auf die Tage Di bis Fr verteilt. Das nenne ich doch Flexibilität. Als ich Dienstagnachmittag in die Schule komme, ist Elsie im Krankenhaus, sie hatte einen Schwächeanfall. Vertretung bei Nicole. Am Mittwoch die gute Nachricht, Elsie ist wieder in der Schule. Die schlechte Nachricht, sie fühlt sich zu schwach vormittags und nachmittags zu unterichten. Ich habe also die zweite Woche bei Nicole. Nicole ist 49 und hat irische Vorfahren. Wenn es unterichtlich auch nicht so gut ist wie bei Elsie, Nicole verbessert mich kaum. Lediglich als ich mal fragte, ob das so richtig sei, was ich sagte, sagte sie mir, was falsch war. Das wäre bei Elsie nie passiert. Die hätte nichts durchgehen lassen. So habe ich doch eine nette und interesante Konversation mit Nicole. Sie erzählt mir viel über das Leben in Südafrika. Das Leben ist für die Weißen nicht mehr so schön dort. Jetzt ist sie wieder dabei, ihren irischen Pass zu verlängern, nicht so einfach. Meine Hostmother Susan in Kapstadt hatte noch einen Schweizerpass, da sie mal mit einem Schweizer verheiratet war. Zufrieden ist Nicole nicht mehr in Südafrika. Aber sie meint, in Europa wäre sie erstmal arm. Für Susan ist Africa ihre Heimat. Sie ist in Stellenbosch auf einer Winefarm aufgewachsen. Nicole erzählt mir von den Einbrüchen letzter Nacht in ihrer Straße, im Haus gegenüber und im Wendehammer. Jetzt hat sie auch Angst. Sie will weitere Gitter vor ihren Fenstern und Türen anbringen lassen. Sie berichtet von der Abschließerei von Türen, Gittern und Toren in Johannesburg, wo sie mal gelebt hat. Sogar die Wohnstraße wurde nachts mit einem Tor veriegelt.
Inzwischen habe ich auch von zwei Reisenden im Island Vibe erfahren, dass sie beklaut worden sind. Lisa wurde beim Wandern von zwei Fischern überfallen, die ihr den Rücksack mit Tablet, Handy, Fotoapparat und Geld abnahmen. Auf Bitten haben sie ihr den Reisepass und die Kreditkarte zurückgegeben. Einem Anderen wurde beim Geldabheben die Kreditkarte geklaut. Von Kapstadt erinnere ich von fünf geklauten Handys. Luigi berichtete, dass einem Freund das Handy im Taxi vom Taxifahrer geklaut wurde. Mir wurde die letzten Tage auch schon etwas mulmig bei dem Gedanken, dass mich in der Küche, viele dort Rumlaufende/Arbeitende mit Laptop sitzen sahen. Das Schloss des Tores vor meinem Haus ist kaputt. Wer will, kommt auf das Grundstück. Die Hauseingangstür soll zwar immer abgeschlossen werden. Aber ich habe es schon an manchen Tagen erlebt, dass dies nicht der Fall war.  Wer will, könnte ins Haus huschen und meine Zimmertür aufbrechen. Die letzten Tage schleppe ich Laptop und Tablet im Rucksack immer mit zur Schule und zum Essen, oder lass es im Safe bei der Rezeption einschließen. Abends um 22.00 oder 23.00 Uhr nach dem Beenden des Blogschreibens oder dem Fotohochladen, bin ich nur mit Security von der Küche das Stück Straße bis zu meinem Haus rüber gegangen. Wenn auch keiner der hier Arbeitenden klauen würde, wer weiß, wen die kennen und einen Tipp geben, wo ein Laptop zu finden wäre. Wenn ich mit all meinem Hab und Gut in Australien ankomme, bin ich froh. Nicole hat mir auch Geschichten von Kofferdurchwühlen und Klauen hinter den Kulissen auf Südafrikas Flugplätzen erzählt. Auch Postpakete kommen nicht an oder werden geöffnet.

In meiner freien Zeit habe ich lange Strandspaziergänge gemacht. Vom Island Vibe aus soll man nur Richtung links, wo hinter dem Strand der Ort Jeffrey´s Bay liegt, gehen. Am Strandausgang des Island Vibe hängt ein Warnschild, nicht Richtung rechts zu gehen. Dort sei es nicht sicher. Richtung rechts liegt das Township. Hinter den Dünen des Jeffrey´s Bay Strandes säumen Apartements die Szenerie. Den Ort Jeffrey´s Bay finde ich nicht besonders schön. Aber das ist Ansichtssache. Luba hatte eine Fahrt zum Supermarkt zum Einkaufen angeboten. Auf der Rückfahrt fragte ich ihn, ob er ein paar Straßen kreuz und quer fahren könnte. Tat er, zeigte mir noch nice restaurants und einen view point aufs Meer. Beim Fahren durch Jeffrey´s Bay meinte er ernsthaft nice city und freute sich. Auch Reisende, die ich im Flashpackers traf und die aus Norden kamen, waren froh mit Jeffrey´s Bay endlich wieder auf einen einigermaßen als Ort zu erkennenden Ort gestoßen zu sein. Ein Ort mit Geschäften und Häusern, die vier Wände haben. Da kann ich mich ja auf einiges gefasst machen beim Weiterreisen Richtung Norden.

Was mir noch Sorgen gemacht hatte, das war eine geeignete Unterkunft für zwei Nächte in Johannesburg zu finden. Johannesburg gilt als gefährlich. Ich muss dort aber hin, weil mein Flugzeug dort abfliegt. Ich habe Dallas die Liste mit den Hostels in Johannesburg, wo der Baz Bus hält, gezeigt und ihn gefragt, welche Gegend flughafentechnisch und city-sicherheitstechnisch denn am klügsten sei. Das war gut ihn zu fragen. Er hat in Johannesburg gelebt und kennt sich dort aus. Er hat mir ein Hostel empfohlen und die Reservierung gemacht. Ein Shuttle zum Airport ist bei dem Hostel inklusive. Ich bin richtig froh und erleichtert, dass ich diese Sorge weniger habe.

Township-tour am Sonntag den 27.9.15
Im Island Vibe bietet Goodman township-touren by foot an. Goodman hat auch einen richtigen Namen, den habe ich mir nicht merken können. Die Schwarzen geben sich gerne einen nickname. In der ersten Woche hatten wir schon über die township-tour gesprochen, aber es passte noch kein Termin. Am Tag zuvor traf ich ihn wieder und habe ihn wegen der township-tour für Sonntag gefragt. Lieber mache er die tour in der Woche, am Wochenende sei das township full of people und er ginge am Sonntag to church. Dann meinte er, er könne mich mitnehmen zur Kirche und danach machen wir den Rundgang durch sein township. Ich gehe ja nun, wenn es nicht unbedingt sein muss, nicht gerne in die Kirche. Nun, in einem township zur Kirche zu gehen, das könnte interesant sein. Ich fragte ihn, wie lange denn die Kirche ginge. Er sagt, fünf Stunden, aber people kommen und gehen wie sie mögen. Er würde mit mir 30, 35 Minuten dort hingehen. Das ist auszuhalten! Wir sind für Sonntag 9.40 Uhr verabredet. Am Sonntag, ich warte bei der Rezeption, kein Goodman da. Die afrikanische Pünktlichkeit.  10.15 Uhr, ich habe allen Bescheid gesagt, falls Goodman noch kommt, ich sei in meinem Zimmer. Da kommt Goodman, mit Handstock. Er hatte Probleme mit seinem verletzten Bein. Am Vortag habe ich ihn auch schon mit einem Verband um sein Bein gesehen. Ich fragte ihn, wie es denn zu der Verletzung gekommen sei. Da hat er nur geantwortet, in seinem township. ?.
Ich muss sagen, Goodman macht seinen Job gut. Bevor wir starten, will er, dass wir uns nochmal hinsetzen. Er erklärt mir, dass er mich jetzt as a friend in sein township führt zu seinen Freunden. Es ist Sonntag, das township is full, people sind zu Hause und auf der Straße, jeder sagt Hallo zu jedem. The people kämen auch auf mich zu. Wenn ich Berührungsängste hätte oder distanziert dadurchgehe, wäre es besser, nicht zu gehen. Ehrlich, ich habe schon Berührungsängste, wenn mich wildfremde, ärmliche Schwarze umarmen. Ich will das aber unbedingt sehen! Lass mir nichts anmerken. Sage und nicke, alles fine. Wir marschieren los. Das Township ist nicht weit und von der Anhöhe des Island Vibe aus, zu erkennen. Dann fängt Goodman an, zu erzählen. Er war sieben Jahre alt als 1985 nachts die weißen bewaffneten Männer an der Haustür einhämmerten und schrien „Where is your father?“ Er verstand das Ganze nicht. Er fragte seine Großmutter, die sagte, später würde er das verstehen. Goodman zeigt zum Strand und erklärt mir, wie der Strand in vier Abschnitte aufgeteilt war: je einen Abschnitt für die Weißen, die Farbigen, die Inder und für die Schwarzen. Für die Schwarzen am Weitesten vom Zentrum entfernt. Sie standen ganz unten. Es war für alle streng verboten, in einen anderen Abschnitt zu gehen. Heute sind sie frei. Jeder kann überall hingehen. Dann fragt Goodman mich, wenn ich schwarz wäre, ob ich den Unterdrückern verzeihen würde. Ich antworte, nein würde ich nicht. Wir gehen ein paar Schritte weiter und ich vervollständige meine Antwort. Ich sage, wenn ich schwarz wäre, ich würde den Weißen, die das damals gemacht haben, nicht verzeihen. Aber die nächste Generation oder die anderen Weißen können nichts dafür. Ich hätte jetzt keinen Groll/Haß denen gegenüber. Ja, er nickte, er verstand mich. Wir kommen in das Township. Spielende Kinder. Er sagte von sich aus, ob ich nicht fotografieren will. Die Kinder lassen sich das gerne gefallen. Wir gehen in einen kleinen Laden. Goodman kennt den Ladenbesitzer, kauft sich eine Cola und gibt mir zu verstehen, dass es jetzt nett wäre, wenn ich auch etwas käufe. Ich bin noch pappsatt vom Frühstück, will auch nichts mit mir rumschleppen. Wähle dann eine Banane. Wir spazieren durch das Township. Viele sind sonntagsmäßig und gut angezogen. Männer in dunklen Anzügen und weißem Hemd, Frauen in farbkräftigen Kleidern. Sie gehen in die Kirche. Auch Goodman hat ein weißes Hemd zur Jeans an. Goodman konnte es sich nicht verkneifen und sagte zu mir, ich hätte mich für einen Sonntag ja nicht so zurecht gemacht. Er hat recht. Ich guck an mir herunter: graue Zipphose und graue Sweatshirtjacke. Aber längs nicht alle sind hier für den Sonntag herausgeputzt. Es bleibt ein Bild mit ärmlichen kleinen Häusern, viel Plastikmüll in den Wegen und freien Plätzen. Die Kinder sind barfuß und in schmuddeligen abgetragenen Kleidern. Sie spielen draußen, werden also sowieso dreckig. Beliebtes Spielzeug Murmeln. Mädchen springen Gummitwist. Goodman fragt mich, ob ich das auch kann. Na klar, habe ich als Kind ständig gemacht. Auch allein. Dann wurde das Gummiband um zwei Mülltonnen gespannt. Er fordert mich auf, eine Runde zu springen. Ich bitte die Mädchen, das Gummiband niedriger zu stellen. Auch dann, verdammt anstrengend. Ist bei mir ja auch schon über 30 Jahre her! Beim Spaziergang durch das Township werde ich noch vielen Freunden und Verwandten vorgestellt, Fotoknips. Auch ein kleiner Friseursalon ist geöffnet. Einmal ist die Situation, in der es mich innerlich Überwindung kostet, zweien seiner Bekannten die Hand zu geben. Die beiden sehen so dreckig aus, auch die Hände. Aber was soll ich machen, nützt nichts, sage freundlich mit der Hand guten Tag. Für den Rest der Tour achte ich darauf, mir bloß nicht mit der Hand ins Gesicht zu fassen.
Das Besondere dieser Tour ist wirklich die Kirche. Die Kirche sieht nicht so aus, wie wir uns eine Kirche vorstellen. Die Kirche ist mit Holzbrettern, Wellblechen und Plane an ein Haus herangebaut. Die Kirche erinnert mich unheimlich daran, wie wir als Kinder hinter der Scheune im „Anderen Garten“ mit Holzpfählen und Plane eine Kirche gebaut haben, um unsere verstorbenen Kaninchen und Katzen zu beerdigen. Hinter der Scheune war damals unser Kaninchenfriedhof. Goodman und ich, wir nähern uns also der Kirche. Zunächst fragt Goodman einen der Priester, ob ich mit hinein darf. Ja. Hier werden bei Betreten der Kirche die Schuhe ausgezogen. Die Kircheneingangstür ähnelt einer Stalltür. Innen, vorne Altar mit blauer Decke und Kerzen, blauer Wandteppich mit Aufschrift „Lord Jesus ….“ Der Raum ist klein. Aber zwei Priester. Ungefähr 25 Schwarze und 8 Kinder. Keine Bänke oder Stühle. Im Stehen wird gesungen, geklatscht und bisschen getanzt. Musikinstrumente sind Trommeln und Rasseln. Die Sprache ist in Xhosa, eine der schwarzen Sprachen. Das einzige Wort, welches ich verstehe, ist Amen. Zum Beten knien sie nieder. Goodman sagt zu mir, ich darf soviel fotografieren wie ich möchte. Irgendwann drehen sich alle zu mir um. Goodman übersetzt mir, dass der Priester mich hat willkommen heißen. Bevor man geht, geht man nach vorne, spricht irgendwas und legt seine Spende auf den Altar. Nach einer guten halben Stunde geht Goodman mit mir nach vorne, spricht, wir legen unsere Spende auf den Altar und einige der Schwarzen verabschieden uns mit Umarmungen. Das war ein Erlebnis. Die ganze Szenerie hat mich sehr berührt.
Goodman raucht recht viel unterwegs. Ich mein´zu ihm, das sei nicht gut für die Gesundheit. Er sagt, jetzt rauche er ja nur noch die normalen Zigaretten und nicht mehr die Bob-Marley-Zigaretten. Er hätte 15 Jahre Marihuana geraucht. Wir reden noch über die Größen von Familien in Südafrika und Deutschland. Er wünscht sich fünf Kinder, eine Tochter hätte er schon. Ich mein´zu ihm, das sind doch recht viele Kinder. Interesant seine Antwort. Bei fünf Kindern könne ja sein, dass einer Arzt oder Jurist wird, und der könne ihn dann im Alter versorgen. Nach drei Stunden Townshiptour nähern wir uns wieder dem Island Vibe.
Fotos folgen.

Recycling project am Montag den 28.9.15
Text und Fotos folgen.

 

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