Von Santiago nach Arequipa
Heute ist Sonntag, der 15.5.16 und ich sitze im Bus. Bin auf dem Weg von Santiago nach La Serena. Es ist jetzt 10.30 Uhr morgens, herrlichster Sonnenschein und blauer Himmel. Um 9.40 Uhr ist der Bus von Santiago, Terminal Alameda bei der Universidad de Santiago, abgefahren. Ich bin seit knapp einer Stunde auf der Autopista 5 Richtung Norden unterwegs und durchfahre eine herrliche Landschaft. Endlich raus aus der 8-Millionen-Stadt Santigo. Raus aus dem Grau, Beton und Smog. Wenn ich auch noch nicht gut im Spanischen bin, so ist es mir gestern doch gelungen, am Schalter im Terminal Alameda, wo die Angestellte kein Englisch spricht, ein Ticket nach La Serena mit einem asiento de adelante y cerca de la ventana zu kaufen (Sitzplatz vorne und am Fenster). Ich bekam ein Boleto mit Sitzplatz Numero 13. Nummer 13, habe gedacht, wahrscheinlich sind die Plätze weiter vorne schon ausverkauft. Heute Morgen die freudige Überraschung, die Reisebusse von Turbus sind Doppeldeckerbusse und Nummer 13 ist oben ganz vorne! Und ich habe zwei Plätze für mich. Neben mir, Nummer 14 ist frei. Hier oben in der ersten Reihe sitzt nur noch ein älterer Herr auf Platz Nummer 16. Überhaupt ist der Bus nicht einmal halb voll. Dass das sich lohnt fürs Busunternehmen. Für 6500 chilenische Pesos (8,60 Euro) fahre ich heute 6-7 Stunden durch Chile. Die Buspreise liebe ich in Lateinamerika!
Nun zur Landschaft. Links und rechts der Straße sind Berge, links sind es eher Hügel, rechts zur Cordillerenseite sind sie höher, aber nicht so hoch wie die Bergkette östlich von Santiago, die sogar mit Schnee bedeckt war. Das Tal, durch das die Autopista 5 führt, ist grün, Graslandschaft mit kleinen Bäumchen und Büschen. Kurz hinter Santiago liegen Weinberge. Die Straße ist gut ausgebaut. Ab und zu geht es durch einen Tunnel. Leichte Kurven, mal ein durchschlagener Berg und ein leichter Abgrund, aber keine wirklichen Serpentinen. Die Autopista 5 verläuft überwiegend auf flachen Gelände. Ab und zu ein Dorf am Straßenrand. Die Häuser sind einfach und zur Hälfte ärmlich. Überhaupt, habe ich mir Chile nicht so arm vorgestellt. Aber arm ist auch relativ. Wie viele arme Menschen es hier gibt, das ist mir schon in den vier Wochen in Santiago aufgefallen.
Inzwischen ist es 12.00 Uhr mittags und die Autopista 5 verläuft entlang der Pazifikküste. Ich sitze nicht nur vorne und am Fenster, sondern auch auf der richtigen Seite, zur Meerseite! Schon ab Pichicuy genieße ich immer wieder schöne Ausblicke zur linken Seite aufs Meer, anfangs auf kleine Strände und jetzt bei Caleta und Los Vilos auf die felsige Küste. Vor mir, in weiter Entfernung, immer wieder spektakuläre Blicke auf eine hügelige graue Silhouettenlandschaft. Der Himmel ist inzwischen bedeckt. Zur rechten Seite kann ich einen Berggipfel mit Schnee erspähen! Die Landschaft ist trockener geworden. Vorne oben im Bus ist ein kleiner Bildschirm angebracht und Filme laufen zur Unterhaltung der Fahrgäste. Zum Glück konnte ich dem Steward im Bus bitten, die Lautstärke an meinem Platz zu reduzieren. Für mich läuft durch die Fensterscheiben draußen der beste Film ab.
Der Bus fährt durch den Ort Los Vilos und zum Busterminal. Vor meiner Reise hätte ich wirklich nicht gedacht, dass Chile so rückständig ist. Ich kann mich nur wiederholen, die Häuser sind klein, einfach und arm. Der Bus hält einige Male und Menschen mit Verkaufstaschen steigen in den Bus um Empanadas an die Fahrgäste zu verkaufen. Ich hatte zwar Brötchen und zwei Bananen dabei, leider schon aufgegessen, und kaufe mir ein Empanada mit Queso. 13.15 Uhr noch 200 km bis La Serena. Die Landschaft ist wieder eine Nuance trockener geworden. Die ersten Kakteen tauchen auf. Kakteen zwischen den trockenen Grasbüscheln der Wildnis und Kakteen in Reihe und Glied als Hecke um Felder abzugrenzen.
Ich habe die letzten vier Wochen in Santiago immer wieder überlegt, wie lange ich noch weiterreisen will und wie ich weiterreisen will. Für mich war von Anfang an klar, dass ich mindestens bis Ankunft in Santiago durchhalte und dann mal Gucken. Das wären acht Monate gewesen. Acht Monate Reisen hätte von der Dauer auch gereicht. Nach acht Monaten war ich mehr als voll mit neuen Eindrücken. Aber Mitte April kommen grad in Deutschland die Birkenpollen und wenn ich die umgehen kann, nichts leichter als in diesem Jahr. Außerdem wäre es doof gewesen, in Santiago anzukommen und gleich wieder abzufliegen. Zudem macht es mir keinen Spaß in Lateinamerika zu sein, ohne mich ein bisschen verständigen zu können, zumal ich es vor Jahren schon mal konnte. Also blieb meine Entscheidung bei vier Wochen Spanischkurs in Santiago. Als nächstes hielt ich es für wenig sinnig, nach vier Wochen Spanischlernen und nicht viel mehr als Santiago gesehen zu haben, wieder abzureisen. Meine Sehnsucht nach zu Hause war zwar in den letzten vier Wochen ganz schön groß, … meine Wohnung, mein Bett, und ich habe immer wieder Wildland vor mir gesehen. Dennoch habe ich mich entschieden, wenigstens zwei oder vier Wochen weiterzumachen. Und ich habe für den Monat Mai noch einmal für gutes Geld meine Wohnung vermietet, und zwar an den neuen argentinischen Generalkonsul, der im Mai seine neue Stelle in Hamburg antritt. Er hat meine Wohnung vorher gar nicht besichtigt. Allein die Fotos im Internet haben ihn überzeugt. Er hat die Wohnung von Südamerika aus über meine hamburgische Agentur gebucht. Ab Juni soll er eine Wohnung haben und dann kommt seine Familie nach. Vor dem ersten Juni könnte ich also gar nicht in meine Wohnung.
Ich ziehe jetzt meine ursprüngliche Idee durch. Ich werde auf dem Landweg bis Peru reisen. Geplante Zwischenstopps sind La Serena, Chanaral, San Pedro de Atacama und Iquique. Bis zum 29.5.16 will ich in Arequipa sein.
Jetzt haben wir 14.15 Uhr. Mein GPS zeigt an, dass wir bei Socos sind. Die Landschaft ist wieder eine Nuance trockener geworden, die Kakteen werden büschiger und kräftiger. Die Küste haben wir schon seit einiger Zeit wieder verlassen und fahren durch ein Tal. Links und rechts kleine Bergketten. Eben konnte ich durch einen Hügelspalt in weiterer Entfernung die schneebedeckten Bergspitzen der Anden sehen. Das Landschaftsbild ist nicht mehr grün, sondern umbrabraun und ockerbraun mit einem Hauch olivgrün. Dann wieder, zur rechten Seite, die schneebedeckten Anden. Als ich mich vor zwei drei Wochen bei einigen zum Personal der Sprachschule gehörigen Leuten, wegen einer Busfahrt Richtung Norden erkundigte, z.B. nach San Pedro de Atacama, haben mir Jaqueline, die Wochendtourenverantwortliche, Emily, eine Sekretärin, und Astrid, die Direktorin, von einer Busfahrt bis nach San Pedro de Atacama abgeraten. Fliegen ginge schneller und sei doch viel bequemer. Außerdem gäbe es nichts auf dem Weg zu sehen, nur Wüste. Von wegen! Ich habe den besten Platz im Bus, sitze superbequem mit Laptop auf meinem Schoß und vor und neben mir die einzigartige Landschaft!! Ankunft in La Serena 16.00 Uhr.
Dienstag, der 17.5.16
Seit Sonntag den 15.5.16 bin ich in La Serena. Eigentlich wollte ich hier nur zwei Tage bleiben, vielleicht auch drei, um eine Tour ins Valle del Elqui zu unternehmen. Ich habe kein Sightseeing und der Gleichen gemacht. Ging nicht. Nur die notwendigen Wege um etwas zu Essen, zum Supermarkt und in die Apotheke. Ich bin seit drei Tagen richtig heftig krank. Sonntagmorgen als ich in Santiago mit meinem Koffer zur Metro rollte, war noch alles gut. Während der Busfahrt merkte ich, dass sich etwas in meinen Bronchien zusammenbraut. Als ich gegen 16.30 Uhr in der Pension ankam, spürte ich festsitzenden Husten in der Brust und Fieber.
Die Pensionsangestellte hat mir meinen schlechten Zustand angesehen, bot mir Tee an. Als ich meinte, dass ich eigentlich noch eine Kleinigkeit, und zwar etwas Warmes essen müsste und ob sie mir irgendwo etwas bestellen könnte, bot sie sich an, mir was zu Essen zu machen oder zu besorgen. Ich habe es nicht genau verstanden, ich war nur froh, dass sie mir was bringen wird. Ich fragte nach einem Fieberthermometer und eine Heizung für mein Zimmer. Wollte sie mir alles organisieren und auch zwei große Flaschen Mineralwasser, da das Trinkwasser nicht trinkbar sei. Ich gab ihr einen 10000-Pesos-Schein (=13,20 Euro) und ging sofort ins Bett. Nach knapp einer Stunde servierte sie mir zwei Hähnchenschenkel mit Reis auf einem Tablet, ich bekam drei große 1,5-L-Mineralwasserflaschen, Tee und ein Fieberthermometer (muss sie in der Apotheke gekauft haben) und etwas Restgeld zurück. Ich aß mein Mahl. Dann passierte das, was man wohl, wenn man unter 39°C Fieber steht, als Alptraum bezeichnen kann. Meine Füße waren immer noch kalt. Und ich wollte mir diese in der Badewanne heiß abduschen. Ich ging ins Bad, zog meine Schuhe (die ich auch als Puschen verwenden muss) und Strümpfe aus, halte die Brause in der Hand, drehe den Warmwasserhahn auf und warte bis es von kalt auf heiß wechselt. Es schießt auf einmal ein Wasserstrahl nur so durchs Bad. Aus der Wasserleitung, die unterm Waschbecken verläuft. Rohrbruch. Ich mit Kleidung halbnass und meine einzigen festen Schuhe auch! Sowas kann man mit 39°-Fieber gerade gebrauchen! Ich sehe im Bad keinen Haupthahn. Ich weiß den Wasserstrahl nicht zu stoppen, renne aus meinem Zimmer, in der Rezeption niemand und rufe das halbe Hotel zusammen. Die Frau ist hilflos, sie ist das einzige Hotelpersonal. Es ist nur ein ganz kleines Hotel und zu dieser Jahreszeit maximal halb ausgebucht. Ein anderer Hotelgast versucht ihr zu helfen. Der arme Mann wird pitschnass, fragt auch nach dem Haupthahn. Die Angestellte ruft ihren Chef an, um den Ort des Haupthahnes ausfindig zu machen. Ich bekomme ein anderes Zimmer. Und ich frage noch einmal nach einer Heizung, weil ich ja jetzt irgendwie meine Schuhe trocknen müsste. Wenig später bekomme ich einen Heizlüfter ins Zimmer gestellt. Mit Füße warm abduschen, wurde an diesem Abend nichts mehr. Der Hauptwasserhahn blieb im Hotel am Abend geschlossen. Erst am nächsten Morgen gab es wieder Fließendwasser.
Seit nun drei Tagen habe ich Fieber, abends und nachts 39°C und tagsüber 38,5°C. Schüttelfrost und richtig festsitzende Bronchitis. Habe bereits seit Sonntagabend mein Antibiotikum aus meiner Reiseapotheke eingenommen und mit meiner Hausärztin in Hamburg per E-Mail kommuniziert wegen der Dosierung. Seit gestern nehme ich auch ein Acetylcystein-Präparat, welches ich mir hier in der Apotheke besorgt habe, zum Schleim lösen ein. Nichts hilft. Ich bin fix und fertig! Das Husten tut so weh. Auch heute Abend ist das Fieberthermometer wieder auf 39°C gestiegen. Inzwischen habe ich Angst, dass eine Lungenentzündung dahintersteckt. Ich habe eben in google map geschaut, das Hospital ist nicht weit und morgen ab 8.00 Uhr geöffnet. Ich werde morgen ins Krankenhaus gehen. Und ich registriere gerade, es hat Premiere, dass ich krank bin und meine Schule/Abteilungsleiterin wird mich nicht anrufen und fragen „Was soll ich mit den Schülern machen?“ Die letzten drei Jahre habe ich in meinem Kalender darüber Buch geführt, Krankheitstage und dienstliche Anrufe während dieser Zeit. Die Quote liegt irgendwo zwischen 0,5 und 0,8. Schon komisch, dass mir das jetzt gerade einfällt. Es ist das erste Mal, dass niemand von mir Arbeitsblätter oder Arbeitsaufträge für die Schüler haben will, während ich krank bin. Es ist leider so, man darf sonst noch nicht einmal in Ruhe krank sein.
Mittwoch, der 18.5.16
Ich bin kurz vor 8.00 Uhr wach, steh auf und geh in den Frühstücksraum. Heute macht der Nachtpförtner das Frühstück. All die Tage habe ich hier im Hotel stets nur eine Person als Hotelpersonal erlebt. Außer beim Schichtwechsel, dann sind für kurze Zeit zwei Angestellte anwesend. In der ersten Tageshälfte ist hier eine Frau, die Rezeptionistin, Küchenpersonal, Zimmermädchen und Putzfrau ist. Zwischen 14.00 und 15.00 Uhr ist der Schichtwechsel, dann kommt eine andere Frau und abends der Nachtpförtner.
Der Nachtpförtner fragt mich, wie´s mir ginge. Inzwischen wissen alle hier, dass ich krank bin. Ich antworte ihm, dass ich nach dem Frühstück ins Hospital gehen werde. Der Nachtpförtner ist der Einzige, der hier Englisch spricht. Er sagt, das sei gut und die Ärzte seien hier gut. Ich frage ihn, ob die Ärzte hier Englisch sprechen. Er meint zwar ja, aber bietet mir an, mich zum Krankenhaus zu begleiten. Das nehme ich gerne an. Um 10.00 Uhr sei Schichtwechsel, dann könne er mit mir dahingehen. Wir gehen also in die Ambulance des nahegelegenen Krankenhauses. Der Eingangsbereich der Ambulance gleicht eher einer Wartehalle eines Bahnhofes. Viele Menschen, schmuddelig. Es ist wirklich gut, dass der Nachtpförtner mich begleitet. Zunächst bei der Anmeldung, keiner spricht Englisch. Nach einer kurzen Wartezeit werde ich ins erste Patientenzimmer aufgerufen. Krankenschwestern checken bei drei Patienten gleichzeitig Blutdruck, Puls und Temperatur und entscheiden darüber, ob und mit welcher Wartezeit man zum Arzt kommt. Da mein Blutdruck, Puls und meine Körpertemperatur nach 7 Sekunden Fiebermessen unterm Arm keine lebensbedrohlichen Werte anzeigen, bekomme ich eine Wartezeit von drei Stunden. Ich frage noch einmal nach. Ich komme nicht früher dran, mein Leben sei schließlich nicht in Gefahr. Ich stehe erstmal ziemlich ratlos da, hier jetzt drei Stunden warten? Dann erklärt mir der Nachtpförtner, und hätt ich das gewusst, wäre ich gar nicht erst hierher gegangen. Dies sei das Public Hospital, welches nichts kostet. Wir könnten in ein Privado Hospital gehen, da käme ich schneller dran, das sei besser, kostet aber etwas. Warum hat er das nicht gleich gesagt, nichts wie hin da! Ein guter Fußmarsch und wir sind da, in der Clinica Elqui. Hier sieht es gleich ganz anders aus. Es sieht eigentlich so aus, wie bei uns in Deutschland. Hier in Chile muss man überall seinen Reisepass vorzeigen, so auch im Krankenhaus. Der Nachtpförtner regelt wieder meine Anmeldung. Ich muss zunächst 37900 Pesos (= 49,- Euro) bezahlen. Kurze Wartezeit, wieder Blutdruck, Puls und Körpertemperatur messen und zum Doktor. Der Nachtpförtner kommt überall mit. Er ist sogar dabei als der Arzt mich abhorcht. Der Arzt kann nicht gut Englisch. Er versteht wohl was ich sage und frage, antwortet aber in Spanisch. Und soviel verstehe ich dann auch „probablemente pneumonia“ und „probably pneumonia“. Und „probably“ heißt irgendwas zwischen „wahrscheinlich“, „vermutlich“ und „vielleicht“. Eine Röntgenaufnahme soll Klarheit bringen. Ich zahle nocheinmal 34400 Pesos für zwei Röntgenbilder meiner Lunge. Kurze Wartezeit und dann die Gewissheit, keine Lungenentzündung, sondern nur Bronchitis. Ich bekomme ein Antibiotikum verschrieben und zwei weitere Präparate.
Zurück im Hotel versuche ich nocheinmal das Zimmer zu wechseln. Ich bin nicht so grad zufrieden mit meinem Zimmer, da es im Souterrain liegt. Das Raumklima ist nicht so gut, da das Zimmer halb in der Erde steckt. Nach einigen hin und her und nachdem die Angestellte mit ihren Chef telefoniert hat, darf ich in die obere Etage ziehen. Komisch, einem wird oft versucht erst das schlechtere Zimmer anzudrehen. So auch jetzt wieder, die Angestellte versucht mir ein Zimmer anzudrehen, wo das Fenster in einem Häuserspalt liegt. Das geht gar nicht, zumal ich noch nicht weiß, wie lange ich das Bett noch hüten muss. Und bei dem Ausblick, der kein Ausblick ist, kriege ich noch Depressionen. Mein jetziges Zimmer ist schön, ich fühle mich wohl hierin. Wahrscheinlich auch deshalb, weil zwei Wände in einem Blau gestrichen sind, ähnlich dem Blau wie in meinem Zuhause in Hamburg. Das Fenster ist zum Patio, wie häufig üblich in Lateinamerika.
Donnerstag, der 19.5.16
Heute geht es mir etwas besser. Bettruhe ist aber noch angesagt. Ich bin nur zum Essen ins Zentrum gegangen. Ich habe das vierte Mal im gleichen Restaurant gegessen. Am Montag, beim ersten Mal hat es mir im La Terraza gut gefallen und ich hatte wenig Motivation ein anderes Restaurant auszuprobieren. Auf dem Weg dorthin liegt das Turbus-Office und ich habe mich schon mal nach Bussen weiter Richtung Norden erkundigt. Die Busoptionen sind klasse. Täglich fahren nahezu stündlich Busse in Richtung Norden.
Eben habe ich wieder die Bestätigung gefunden, dass Skepsis gegenüber fremden Ärzten durchaus angebracht ist. Ich habe eben über die drei mir verordneten Medikamente im Internet recherchiert und dabei festgestellt, dass der Wirkstoff „Clobutinol“ des einen Medikaments seit 2008 in der EU nicht mehr zugelassen ist, nachdem es 45 Jahre bereits auf dem Markt war. Der Grund, es können lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auftreten. Gestern schon zweimal eingenommen und heute zweimal. Weg mit dem Medikament! Und dabei hatte ich gestern schon ein komisches Gefühl als ich das Wort „Antitusivo“ auf dem Beipackzettel als „hustenstillend“ übersetzt habe. Schleimabhusten kann doch nur förderlich sein und ich leide schließlich nicht unter Reizhusten.
Freitag, 20.5.16
Ich habe mich heute entschieden, morgen ein Stück weiter in den Norden zu reisen. Ich bin zwar längst noch nicht gesund, aber zwei Gründe sprechen dafür: Erstens beginnt am 29.5.16 in Arequipa (Peru) meine dreiwöchige Peru-Sprachrundreise, die ich vor ca. drei Wochen von Santiago aus gebucht habe. Und wenn ich den Beginn nicht verpassen will, muss ich mich auf den Weg machen. Zweitens habe ich in der Wettervorhersage recherchiert, dass es Richtung Norden wärmer ist. Ich werde nur langsam weiterreisen und in den nächsten Orten auch das Bett hüten.
Um wenigstens etwas von La Serena gesehen zu haben, habe ich heute Nachmittag nach dem Essen einen Spaziergang durch La Serena gemacht. Mein Hotel „Fuente del Mar“ in der Straße „Vicuna“ liegt schon mal sehr zentral. Ich bin einige Straßen im Zentrum entlangspaziert, um den Plaza de Armas, an einigen alten Kirchen vorbei, die drei größten Kirchen heißen wirklich überall gleich, Catedral, Iglesia San Francisco und Iglesia Santo Domingo. Hier in Chile sind die Kirchen aber stets verschlossen, ich bin in keine reingekommen. La Serena hat auch einige Museen zu bieten: Museo Arquelologico, Museo Colonial, Museo al Aire Libre und Museo Mineralogico. Ich habe den Parque Pedro de Valdivia und den Jardin Japones gestreift und stand dann an der Avenida Francisco de Aguirre, die direkt zum Meer führt. Ich habe ein Collectivo-Taxi angehalten, das sind hier die günstigen Sammeltaxis, und bin ans Meer zum Faro Monumental gefahren, eine alte Festung. Eine halbe Stunde habe ich mich dort aufgehalten, bin noch etwas am Strand spazieren gegangen. Man hat dort einen schönen Blick auf die Nachbarstadt Coquimbo und ihren Cerro (Berg), auf dem ein Riesenkreuz steht. Ansonsten ist der Strand nicht so idyllisch. Dunkler Sand und eher hässliche Ferienapartments. Als ich zurück wollte, konnte ich wieder ein Collectivo-Taxi anhalten. Man fährt zusammen mit anderen Fahrgästen und eine Fahrt kostet umgerechnet nur einen Euro. La Serena ist eigentlich eine ganz hübsche Stadt. Total anders als Santiago. Kolonialbauten, große und kleine, die einstöckigen farbenfrohen Kolonialhäuser säumen ganze Straßenzüge. La Serena ist die zweitälteste Stadt Chiles, die älteste ist Valparaiso. Zurück im Hotel, lege ich mich gleich wieder ins Bett, ein wenig bereue ich meinen kleinen Ausflug, hoffentlich habe ich mir nicht zuviel zugemutet, nach dem Essen war ich zweieinhalb Stunden unterwegs.
Sechs Tage war ich in La Serena, wegen meiner Krankheit konnte ich jetzt keinen Ausflug ins Valle del Equi machen. Das soll fantastisch sein. Die Orte Vicuna und Pisco Elqui mit ihren zahlreichen Observatorien. Wegen der besonderen Lage soll der Sternenhimmel besonders schön sein. Es gibt Tagesausflüge, es gibt Abend-/Nachtausflüge und kombinierte Tages- und Abendausflüge ins Valle del Elqui. Sollte ich irgendwann noch einmal nach Chile und La Serena kommen, werde ich ganz bestimmt ins Valle del Equi reisen.
Samstag, 21.5.16
Gestern habe ich mir ein Busticket von La Serena nach Chanaral gekauft. Sitzplatz 16. Im Doppeldeckerbus sollte das eigentlich oben in der ersten Reihe sein. Nur leider ist der Bus heute kein Doppeldeckerbus und ich habe einen normalen Sitzplatz am Fenster. Auch gut. Um 8.45 Uhr Abfahrt. Der Bus ist diesmal voll. Die Busfahrt ist genial. Das heißt, das was ich draußen gesehen habe! Gleich hinter La Serena fing sie an, die Wüste, die Atacama Wüste! Gleich hinter La Serena ging´s los, trockenes dunkles Gestein, auf dem kaum etwas wächst. Bei La Higuera geht es ins Landesinnere und richtig bergauf! In weitläufigen Serpentinen geht es über die Berge in ein Plateau, eine Hochebene, zwischen zwei Bergketten. Ich habe ordentlich zu kämpfen mit dem Druckausgleich in meinen Ohren. Und obwohl schon alles trocken war, wurde es noch trockener. Das Landschaftsbild wechselt von der Gesteinswüste zur Sandwüste. Links und rechts nur staubiger trockener mitteldunkler Sand soweit das Auge reicht. Und in einiger Entfernung die Bergketten. Die Straße verläuft wieder flach. Der Bus hält im Ort Vallenar. Ich frage mich, wie man hier mitten in der Wüste leben kann. Der nächste Ort mitten in der Wüste ist Copiapo. Menschen steigen aus und ein. Von Copiapo fährt der Bus westwärts Richtung Meer. Ich sitze auf der rechten Seite, es ist nachmittags und ich wundere mich, warum die Sonne von Norden in den Bus scheint. Für ein paar Sekunden verstehe ich die Welt nicht mehr. Mein GPS zeigt, wir fahren nach Westen, warum scheint denn bloß die Sonne von Norden? Ach ja, ich bin ja auf der Südhalbkugel! Da bin ich seit neun Monaten auf der Südhalbkugel unterwegs und jetzt fällt mir das erst auf!
Der Bus nähert sich bei Bahia Inglesa wieder der Küste und wir sind wieder auf Meeresspiegelhöhe. Ich habe mir in der Schule sagen lassen, dass Bahia Inglesa ganz schön sein soll. Auch hier steigen ein paar Leute aus. Von Bahia Inglesa bis Chanaral verläuft die Straße entlang der Küste. Die trockene Wüste geht bis ans Meer! Nichts als Geröllstein. Zwischen den Geröllstein ein paar vertrocknete Pflanzenfladen. Zwischendurch erscheint das Dorf Puerto Flamenco direkt an der Küste, Umgebung nur Sand, die rechtwinkligen Straßenzüge ohne Hindernisse erkennbar, ein Dorf ohne Baum. Kurz vor Chanaral gehen die Berge bis ans Meer. Das letzte Stück bis Chanaral geht durch einen Tunnel. Dann Licht am anderen Ende des Tunnels. Ankunft Chanaral 16.00 Uhr.
Der Ort ist klein und der Weg vom Busterminal bis zum Hotel nicht weit. Der Ort ist ein Dorf. Im Grunde ein Kaff. Ich bin sehr positiv überrascht. Das Hotel Aqualuna ist sehr schön, sehr gepflegt, sehr ansprechend. Ich frage die Rezeptionistin, wo ich hier was Essen könnte. Sie empfiehlt mir „Donde Alicia“ um die Ecke. Die Gaststätte ist familiär. Ich esse Fisch mit Reis und Kartoffelsalat. Anschließend gehe ich zurück ins Hotel, freue mich über mein schönes Zimmer und lege mich zur Ruh. Hier habe ich vorerst für zwei Nächte gebucht.
Sonntag, 22.5.16
Frühstück, Bettruhe, Mittagessen im Casa Blanca, Rückweg über Plaza de Armas, zurück ins Hotel und Bettruhe. Ich habe zwar seit Donnerstag kein Fieber mehr, bin aber noch krank und huste immer noch sehr stark. Weil mir das Hotel und mein Zimmer so gut gefallen, habe ich um eine dritte Nacht verlängert. Der Ort hat sonst wirklich nichts zu bieten, außer dass man ein wirkliches chilenisches Kaff kennenlernt. Aber das ist ja dann auch ein schöner Kontrast zu Santiago und La Serena. Hier ist kein Tourismus, obwohl der angrenzende Nationalpark „Pan de Azucar“ soll sehr schön sein. Chanaral liegt direkt am Pazifik, am Fuße der Berge bzw. am Berghang. Gleich hinterm Dorf geht es steil die Berge hoch.
Montag, 23.5.16
Frühstück. Bettruhe. Gang durchs Dorf um ein Busticket für morgen zu kaufen und um bei „Donde Alicia“ Mittag zu essen und um ein paar Fotos vom Dorf zu machen. Heute haben ein paar Lädchen geöffnet. Viele Häuser sehen marode aus. Und zurück ins Hotel. Bettruhe. Morgen habe ich eine lange Fahrt vor mir. Nach San Pedro de Atacama. Ich habe mir heute für vorerst zwei Nächte eine Unterkunft in San Pedro de Atacama gebucht. Und auf Colins Anraten, mit dem ich seit Neuseeland in E-Mail-Kontakt bin, drauf geachtet, dass die Unterkunft eine Heizung hat. Nachts soll es dort empfindlich kalt werden.
Kurzfassung 24.5. – 30.5.16
Di, 24.5.16 Busfahrt von Chanaral nach San Pedro de Atacama. Wieder Platz Nummer 13 oben vorne im Doppeldeckerbus!
Mi, 25.5.16 Nachmittagstour: Mirador Piedra del Cojote, Valle de la Luna, Tres Marias und Sonnenuntergang im Valle de la Muerte. Atacama-Wüste pur!!!
Do, 26.5.16 Ganztagesausflug: Lagunas Altiplanicas (Lagunas Miscanti y Miniques), die Dörfer Toconao und Socaire, Piedras Rojas de Hierro, Salar de Atacama, Laguna de Chaxa mit Flamingos. Highlight Atacama-Wüste!!!
Fr, 27.5.16 Vormittagstour: Rio Grande, Valle del Arcoiris (Rainbow Valley) und Petroglifos. Atacama-Wüste pur!!!
Nachmittags Busfahrt nach Calama, Sitzplatz Nummer 15 vorne oben im Doppeldeckerbus. Übernachtung in Calama.
Sa, 28.5.16 Busfahrt von Calama nach Arica für 8500 Chilenische Pesos. 12,5 Stunden! Sitzplatz vorne oben im Doppeldeckerbus! Ich bin abends sowas von erledigt! Eigentlich wollte/müsste ich am nächsten Tag weiterreisen nach Arequipa (Peru). Das schaffe ich nach diesen heutigen langen Tag im Bus nicht. Ich werde eine zweite Nacht in Arica bleiben.
So, 29.5.16 Arica. Nördlichste Stadt Chiles besichtigt.
Nach zwei Wochen ist meine Gesundheit nun fast wieder hergestellt.
Mein Plan für Morgen, Montag den 30.5.16, ist folgender: Ich werde zunächst von Arica über die Grenze nach Peru in die nächst gelegene peruanische Stadt Tackna fahren. Entweder mit Bus oder mit einem Collectivo-Taxi. Von Tackna aus soll man dann mit einem Bus nach Arequipa kommen.
Hallo Marei,
schade, dass Du jetzt, auf die letzten Wochen krank geworden bist. Mama hat mich gestern angerufen und es mir erzählt. Jetzt musste ich den Reiseblock erstmal wieder lesen. Ich hoffe, es geht Dir schon wieder besser.
Ich wünsche Dir gute Besserung…..
Halt die Ohren steiff….
Liebe Grüße
Angela